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AI-Washing: So erkennen Sie echte KI von Marketing-Hype im Einkauf

Von Fabian Heinrich
October 20, 2025
AI-Washing: So erkennen Sie echte KI von Marketing-Hype im Einkauf

AI-Washing bezeichnet die irreführende Nutzung des Begriffs „Künstliche Intelligenz“ für Marketingzwecke – ohne echte KI-Technologie.

Laut einer Studie von MMC Ventures aus dem Jahr 2019 haben 40 % der als „KI-Unternehmen“ beworbenen Start-ups keine echte KI im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit.

Unternehmen können echte KI durch Transparenz, technische Dokumentation und konkrete Nachweise von Schein-KI unterscheiden.

AI-Washing führt zu rechtlichen Risiken, Vertrauensverlust und kann nach § 5 UWG als irreführende Werbung gelten.

Ab August 2026 gelten nach der EU-KI-Verordnung umfangreiche Transparenzpflichten,  mit hohen Bußgeldern bei Verstößen.

Der KI-Hype: Warum kritisches Hinterfragen wichtiger denn je ist

In einer Welt, in der fast jedes Produkt als „KI-powered“ oder „intelligent“ beworben wird, ist es schwieriger denn je, echte künstliche Intelligenz von cleverem Marketing zu unterscheiden. AI-Washing ist zu einem weit verbreiteten Phänomen geworden, das Investoren Millionen kostet und Verbraucher in die Irre führt.

Eine Studie von MMC Ventures (2019) analysierte 2.830 europäische Start-ups, die sich als „KI-Start-ups“ präsentierten. Das Ergebnis: 40 % nutzten keine echte KI, sondern setzten auf einfache Automatisierung oder klassische Softwaretools.

Was ist AI-Washing? Definition und Hintergrund

AI-Washing ist das „Greenwashing“ der Technologiebranche, eine gezielte oder fahrlässige Praxis, bei der Unternehmen die Nutzung oder Fähigkeiten von Künstlicher Intelligenz in ihren Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen übertreiben, verdrehen oder erfinden.

Nach Art. 3 Nr. 1 der EU-KI-Verordnung müssen echte KI-Systeme maschinengestützt, autonom, anpassungsfähig und umgebungsbeeinflussend sein. Diese klare Definition hilft, echte KI von regelbasierten Algorithmen zu unterscheiden, die lediglich vorprogrammierte „Wenn-Dann“-Regeln abarbeiten.

Der Begriff entstand als Reaktion auf den KI-Hype seit 2018, insbesondere durch generative KI wie ChatGPT. APIs großer Anbieter machen es technisch einfacher, KI-Komponenten oberflächlich in bestehende Produkte zu integrieren. So entstehen sogenannte „AI-Wrapper“, die meist nur vordergründige Features bieten, ohne das Produkt substanziell weiterzuentwickeln.

Gerade im Einkauf ist dieses Thema besonders relevant, da KI echte Einsparungspotenziale bietet, allerdings nur, wenn es sich um echte Technologien handelt, nicht um Scheinlösungen.

5 praktische Schritte: Echte KI von AI-Washing unterscheiden

Schritt 1: Technische Transparenz prüfen

Echte KI-Unternehmen sind transparent über ihre Technologie. Fragen Sie nach konkreten technischen Dokumentationen und Whitepapers. Seriöse Anbieter erklären offen ihre Algorithmen, Trainingsmethoden und KI-Funktionen.

Warnsignale:

  • Vage Begriffe wie „AI-powered“ oder „intelligente Algorithmen“ ohne weitere Erklärung
  • Ausweichende Antworten auf technische Fragen
  • Fehlende technische Dokumentation

Positive Beispiele: Unternehmen wie Mercanis dokumentieren ihre KI-Anwendungen konkret und erklären detailliert, welche Verfahren des maschinellen Lernens sie einsetzen.

Schritt 2: Maschinelles Lernen vs. regelbasierte Systeme

Der fundamentale Unterschied liegt in der Lernfähigkeit. Echte KI nutzt maschinelles Lernen und verbessert sich kontinuierlich durch Datenanalysen. Regelbasierte Systeme folgen hingegen nur vorprogrammierten Regeln.

Entscheidende Fragen:

  • Lernt das System aus neuen Daten?
  • Wie wird das KI-Modell trainiert?
  • Kann sich das System ohne menschliche Nachjustierung weiterentwickeln?

Infografik mit dem Titel „Regelbasiertes System vs. Echte KI“. Auf der linken Seite ist ein regelbasiertes System dargestellt: Zahnräder, eine lineare Verbindung mit einem Roboter-Icon und die Stichpunkte „Wenn A, dann B“, „Keine Lernfähigkeit“ und „vorhersehbar“. Auf der rechten Seite steht die echte KI, visualisiert durch ein Gehirn-Icon mit Knotenpunkten, ein lächelndes KI-Symbol und die Punkte „Lernt aus Daten“, „Versteht Muster“ und „Entscheidet flexibel“. Die linke Seite ist weiß, die rechte in hellem Violett gestaltet. Unten rechts befindet sich das Mercanis-Logo.

Schritt 3: Datengrundlage und Training hinterfragen

Echte KI benötigt große, qualitativ hochwertige Datensätze. Ohne substanzielle Daten ist kein effektives maschinelles Lernen möglich.

Kritische Fragen:

  • Wie viele Datenpunkte wurden für das Training verwendet?
  • Welche Datenquellen werden genutzt?
  • Wie wird die Datenqualität sichergestellt?

Ein Beispiel: Ein Spend-Management-System mit 250 Mio. € Datenvolumen ermöglicht echte KI-gestützte Vorhersagen. Wenn Unternehmen keine konkreten Angaben zu Trainingsdaten machen, sollten Sie skeptisch werden.

Schritt 4: Konkrete Anwendungsfälle und Ergebnisse

Verlangen Sie messbare Erfolgsbeispiele und konkrete Use Cases. Echte KI zeigt quantifizierbare Verbesserungen in der Praxis.

Nachweisbare Ergebnisse:

  • Steigerung der Prognosegenauigkeit von 72 % auf 91 %
  • Reduzierung der Beschaffungszeit von 12 auf 3 Wochen
  • Kosteneinsparungen von 18 Mio. € durch optimierte Lieferantenauswahl

Schritt 5: Expertenmeinungen und externe Validierung

Konsultieren Sie IT- oder KI-Experten für eine fundierte Bewertung. Eine technische Due Diligence kann AI-Washing zuverlässig entlarven.

Mögliche Validierungsquellen:

  • Unabhängige Studien und Zertifizierungen
  • Partnerschaften mit etablierten Tech-Unternehmen
  • Beratungsangebote von KI-Spezialisten (z. B. mindsquare)
  • Technische Due Diligence durch externe Experten

Echte KI vs. AI-Wrapping: Unterschiede im Überblick

Echte KI vs. AI Wrapping

Diese Tabelle verdeutlicht, woran man echte KI-Anbieter von solchen unterscheiden kann, die lediglich bestehende KI-Modelle „verpacken“ und als eigene Lösung vermarkten. Für eine fundierte Bewertung ist es wichtig, diese Aspekte bei der Anbieteranalyse zu berücksichtigen.

Warum kritisches Hinterfragen so wichtig ist

Das kritische Hinterfragen von KI-Claims ist essentiell für Unternehmen, Investoren und Verbraucher. Die Folgen von unkritischem Vertrauen sind weitreichend:

  • Rechtliche Risiken: Irreführende Werbung kann nach § 5 UWG zu Abmahnungen und Schadensersatzforderungen führen.
  • Wirtschaftliche Verluste: Investoren haben bereits Millionen durch übertriebene KI-Versprechen verloren.
  • Vertrauensverlust: AI-Washing untergräbt das Vertrauen in echte Innovationen.
  • Innovationshemmung: Ressourcen werden von echten Projekten zu Marketing-Gimmicks umgeleitet.

Positive Perspektive: Echte KI-Erfolgsgeschichten

Echte KI bietet enormes Potenzial für Unternehmen aller Größen. Wenn richtig eingesetzt, entstehen messbare Vorteile und revolutionäre Chancen.

Beispiele:

  • Ein Maschinenbauunternehmen erzielte 18 Mio. € Einsparungen durch echtes KI-gestütztes Spend Management.
  • Durch KI-Anwendungen verkürzte sich die Entscheidungsdauer von 12 auf 3 Wochen bei gleichzeitig 94 % Qualitätsverbesserung der Lieferantenbewertung.

Die Zukunft liegt im Augmented Procurement – der intelligenten Kombination aus menschlicher Expertise und KI-Unterstützung.

Reale Beispiele für AI-Washing und echte KI

Negative Beispiele (AI-Washing):

  • FinTechs mit regelbasierten Algorithmen unter KI-Label
  • Junge Start-ups, die Investoren mit KI-Marketing beeindrucken wollen

Positive Beispiele (echte KI):

  • Mercanis: Eine Agentic-AI-gestützte Procurement Suite, die auf einer seit Jahren bewährten Softwarebasis aufbaut und umfangreiche Beschaffungsdaten nutzt, um echte, lernfähige KI-Anwendungen bereitzustellen.

Rechtliche Entwicklungen und Regulierung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen verschärfen sich zunehmend.

  • EU-KI-Verordnung: Ab August 2026 gelten umfangreiche Transparenzpflichten. Verstöße können mit Bußgeldern bis zu 7 % des Jahresumsatzes geahndet werden.
  • USA: SEC und FTC gehen verstärkt gegen AI-Washing vor.
  • Deutschland: § 5 UWG bildet die Grundlage für Abmahnungen bei irreführender Werbung.

Empfehlung: Unternehmen sollten ihre Kommunikation prüfen, KI-Anteile transparent offenlegen und eine proaktive Compliance-Strategie etablieren.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Der erfolgreiche Einsatz von KI beginnt nicht mit großen Versprechen, sondern mit klaren Prinzipien. Entscheidend ist nicht, ob KI eingesetzt wird, sondern wie sinnvoll sie Probleme löst, Mehrwert schafft und langfristig integriert wird. Die folgenden Leitlinien helfen dabei, KI pragmatisch, effizient und nachhaltig einzusetzen.

Infografik mit dem Titel „Leitlinien zur KI-Strategie“. Fünf Kacheln mit Icons und Text erklären zentrale Prinzipien für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz:  Fokus auf Problemlösung – Nicht das KI-Label, sondern der Nutzen zählt.  Bewertung nach Effizienz – Tools nach messbaren Ergebnissen bewerten, nicht nach Buzzwords.  Realistische Erwartungen – Kleine Datensätze = Regelbasierte Systeme oft ausreichend.  Schrittweise Integration – Klein starten, Erfahrungen sammeln, Risiken minimieren.  Langfristige Perspektive – KI ist ein Prozess, kein Projekt; kontinuierliche Optimierung ist Pflicht. Jede Zeile ist mit einem passenden Symbol (z. B. Zielscheibe, Diagramm, Balken, Workflow, Zahnrad) illustriert, das links in Lila hervorgehoben ist.

Fazit

AI-Washing stellt eine ernsthafte Herausforderung für Unternehmen, Kunden und Investoren dar. Die irreführende Nutzung des Begriffs „Künstliche Intelligenz“ kann nicht nur das Vertrauen in echte KI-Technologien untergraben, sondern führt auch zu rechtlichen Risiken und wirtschaftlichen Nachteilen. Besonders im Einkauf und der Beschaffung ist es entscheidend, echte KI-Lösungen von Marketing-Hype zu unterscheiden, um die vielfältigen Vorteile wie Automatisierung, verbesserte Entscheidungsfindung und Risikominimierung tatsächlich nutzen zu können.

Unternehmen sollten daher bei der Einführung von KI-Systemen auf Transparenz, technische Dokumentation und konkrete Nachweise achten. Die Integration von KI-Tools in bestehende Beschaffungsprozesse erfordert eine sorgfältige Planung, Schulung der Mitarbeitenden und die Sicherstellung von Datenschutz und Datenqualität. Nur so können die Potenziale von KI im Einkauf voll ausgeschöpft und nachhaltige Wettbewerbsvorteile erzielt werden.

Letztlich gilt: Der Fokus sollte immer auf dem tatsächlichen Nutzen und der Lösung konkreter Aufgaben liegen – nicht auf bloßer KI-Werbung. So vermeiden Unternehmen AI-Washing und schaffen Vertrauen bei Kunden, Behörden und Partnern, während sie gleichzeitig die Digitalisierung und Automatisierung ihrer Beschaffungsprozesse vorantreiben.

FAQ zu AI-Washing

Wie kann ich als Laie AI-Washing erkennen?
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Fragen Sie nach konkreten Beispielen und messbaren Ergebnissen. Echte Anbieter können erklären, wie ihr System lernt und sich verbessert. Seien Sie skeptisch bei vagen Begriffen wie „intelligent“ oder „smart“ ohne Erklärung.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei AI-Washing?
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Unternehmen riskieren Unterlassungsansprüche und Schadensersatzforderungen nach § 5 UWG. Ab 2026 drohen Bußgelder bis zu 7 % des Jahresumsatzes nach der EU-KI-Verordnung.

Welche Branchen sind besonders betroffen?
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FinTech, E-Commerce, Marketing-Tools und Consumer Electronics sind am anfälligsten für übertriebene KI-Claims.

Was sollten Investoren beachten?
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Führen Sie eine technische Due Diligence durch. Prüfen Sie, ob echte maschinelle Lernverfahren genutzt werden. Verlangen Sie reale Anwendungsfälle und erfahrene KI-Teams.

Wie unterscheidet sich AI-Washing von Greenwashing?
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AI-Washing betrifft Technologie-Claims, Greenwashing Umwelt-Claims. Beide nutzen Übertreibungen und vage Begriffe – beide untergraben das Vertrauen in echte Innovationen.

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Über den Autor
Von Fabian Heinrich
Fabian Heinrich
CEO & Co-Founder of Mercanis

Fabian Heinrich ist CEO und Co-Founder von Mercanis. Zuvor war er Mitgründer des Procurement-Unternehmens Scoutbee und machte es zu einem der weltweit führendenAnbieter im Scouting-Bereich mit Niederlassungen in Europa und den USA und mit Kunden wie Siemens, Audi und Unilever. Nach einem Bachelorabschluss sowie einem Master in Accounting and Finance von der Universität St. Gallen durchlief er außerdemStationen bei Deloitte und Rocket Internet SE.

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