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Erfolgreicher Einkauf in der Automobilindustrie: 5 Trends, die Sie kennen sollten

Von Fabian Heinrich
July 17, 2025
Erfolgreicher Einkauf in der Automobilindustrie: 5 Trends, die Sie kennen sollten

Einleitung: Krise der deutschen Automobilindustrie

Entwicklung der Pkw-Produktion in Deutschland von Januar 2009 bis August 2024. Die Grafik zeigt deutliche Schwankungen in der monatlichen Fahrzeugproduktion – mit einem markanten Einbruch im Jahr 2020 und einer anschließenden, langsamen Erholung. Quelle: VDA / Statista 2024.
Abb.1 Entwicklung der Pkw-Produktion in Deutschland von Januar 2009 bis August 2024. Die Grafik zeigt deutliche Schwankungen in der monatlichen Fahrzeugproduktion – mit einem markanten Einbruch im Jahr 2020 und einer anschließenden, langsamen Erholung. Quelle: VDA / Statista 2024.

Die deutsche Automobilindustrie, die 25,2 % am gesamten Industrieumsatz ausmacht, befindet sich im Jahr 2025 in einer ihrer tiefgreifendsten Krisen. Seit 2018 ist die Fahrzeugproduktion in Deutschland um etwa 25 % gesunken. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) gibt es dafür mehrere Gründe:

  • Hohe Exportabhängigkeit:
    Über 75 % der in Deutschland produzierten Fahrzeuge werden exportiert, rund 40 % davon auf internationale Märkte. Ein Risiko aufgrund der Handelskriege und Zölle.
  • Sinkende Standortattraktivität Deutschlands:
    Deutschland wurde bereits 2018 von China als wichtigster Produktionsstandort deutscher Hersteller abgelöst. Mit über 30 Millionen produzierten Fahrzeugen pro Jahr ist China heute weltweit führend. Günstigere Lohn- und Energiekosten machen die Produktion dort wesentlich wirtschaftlicher. Außerdem hat China einen klaren Vorteil bei Elektromobilität und Batterietechnologie

Während Hersteller wie BYD oder CATL ihre Produktion von Elektrofahrzeugen stark erhöhen, haben deutsche Hersteller Probleme. Sie kämpfen mit vielen strukturellen Mängeln. Es gibt zu wenige bezahlbare E-Modelle. Außerdem fehlt es an Wissen in Software- und Batterietechnologien. Auch die Ladeinfrastruktur ist nicht leistungsfähig genug.

Während wir noch debattieren, produziert China bereits über 30 Millionen Fahrzeuge jährlich und dominiert die Batterietechnologie. Die Folge: Werkschließungen, Stellenabbau und Insolvenzen in der Zulieferindustrie.

Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, ist ein grundlegender Wandel notwendig. Investitionen in Digitalisierung, neue Technologien, stabile Lieferketten und nachhaltige Strukturen sind wichtig. So bleibt die deutsche Automobilbranche wettbewerbsfähig und zukunftssicher.

Die Rolle des Einkaufs in der deutschen Automobilindustrie

Direkter vs. Indirekter Einkauf

Der Einkauf in der Automobilindustrie bewegt sich auf verschiedenen Ebenen:

In der Automobilindustrie wird zwischen dem direkten und indirekten Einkauf, sowie zwischen Automobilherstellern (OEMs, z. B. VW, BMW, Mercedes-Benz) als auch Zulieferern (z. B. Brose, ZF, Continental) unterscheiden.

Direkter vs. Indirekter Einkauf – Unterschiede, Herausforderungen und Potenziale. Während der direkte Einkauf (z. B. Karosserieteile, Batterien, Motoren) unmittelbar Produktqualität und -kosten beeinflusst, birgt der indirekte Einkauf (z. B. IT-Services, Softwarelizenzen, Maschinenwartung) oft ungenutzte Einsparpotenziale von 30–40 % und bietet Chancen zur Digitalisierung und Effizienzsteigerung.
Abb. 2 Direkter vs. Indirekter Einkauf – Unterschiede, Herausforderungen und Potenziale. Während der direkte Einkauf (z. B. Karosserieteile, Batterien, Motoren) unmittelbar Produktqualität und -kosten beeinflusst, birgt der indirekte Einkauf (z. B. IT-Services, Softwarelizenzen, Maschinenwartung) oft ungenutzte Einsparpotenziale von 30–40 % und bietet Chancen zur Digitalisierung und Effizienzsteigerung.

Erfolgsgeheimnis der Gewinner: Sie betrachten indirekten Einkauf nicht als Nebenschauplatz, sondern als strategischen Hebel für Effizienz und Innovation.

Der Einkauf als Kostenfaktor  

Je nach Unternehmen machen die Beschaffungskosten einen erheblichen Teil der Gesamtkosten eines Automobilherstellers oder -zulieferers aus. Das bedeutet: Bereits geringe Einsparungen im Einkauf können spürbare Auswirkungen auf die Profitabilität haben.

Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit:

  • Hoher Kostendruck: Die zunehmende Konkurrenz, zwingt deutsche Unternehmen dazu, ihre Kostenstruktur kontinuierlich zu optimieren. Der Einkauf steht dabei im Zentrum, nicht nur beim direkten Materialeinsatz, sondern auch im indirekten Bereich (z. B. Dienstleistungen, IT, Facility Management).
  • Total Cost of Ownership (TCO): Moderne Einkaufsabteilungen betrachten nicht nur den Einkaufspreis, sondern den gesamten Lebenszyklus eines Produkts. Faktoren wie Wartung, Energieverbrauch, Reparierbarkeit oder Entsorgung fließen in die Entscheidung mit ein.

Strategien zur Kostensenkung:

  • Warengruppenmanagement: Durch die systematische Analyse von Warengruppen lassen sich Bedarfe bündeln, Synergien erkennen und gezielte Einsparmaßnahmen umsetzen.
  • Lieferantenkonsolidierung: Die Reduzierung der Lieferantenanzahl steigert die Verhandlungsmacht und vereinfacht die Prozesse.
  • Make-or-Buy-Analysen: Interne Fertigung vs. Fremdvergabe, Einkaufsentscheidungen basieren zunehmend auf umfassenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen.
  • Globale Ausschreibungen: Durch internationale Ausschreibungen und Vergaben lassen sich Wettbewerbsbedingungen schaffen und günstigere Einkaufskonditionen erzielen.

Digitalisierung als Effizienztreiber:

  • E-Procurement-Systeme und automatisierte Bestellprozesse entlasten das operative Einkaufsteam und schaffen mehr Raum für strategische Aufgaben.
  • Kennzahlenbasierte Steuerung: Einkaufscontrolling gewinnt an Bedeutung. Mithilfe von KPIs wie Einsparquote, Maverick Buying oder On-Time-Delivery lassen sich Prozesse zielgerichtet steuern und Schwachstellen identifizieren.

Unternehmen, die ihren Einkauf strategisch aufstellen und kontinuierlich optimieren, sichern sich nicht nur finanzielle Vorteile, sondern auch eine langfristige Wettbewerbsposition.

Auf dieser Basis Lassen sich 5 Trends für den Einkauf in der Automobilbrache ableiten.

Trend 1: Digitalisierung & E-Procurement beschleunigen Einkaufsprozesse

Die Realität: Unternehmen mit digitalen Einkaufsprozessen reagieren 50% schneller auf Marktveränderungen. Besonders in der Automobilindustrie, die auf Just-in-Time-Lieferungen, komplexe Lieferketten und eine hohe Variantenvielfalt angewiesen ist, bieten digitale Einkaufsprozesse enorme Vorteile.

Die Vorteile im Überblick:

Automatisierung reduziert manuelle Aufwände
Digitale Beschaffungstools ermöglichen eine weitgehende Automatisierung von Bestellvorgängen. Gerade in der Automobilindustrie, wo viele Komponenten in hoher Frequenz beschafft werden müssen, sorgt die Automatisierung von Bedarfsmeldungen, Freigaben oder Rechnungsabgleichen für mehr Geschwindigkeit, weniger Fehler und niedrigere Prozesskosten.

Echtzeit-Transparenz entlang der gesamten Lieferkette
Moderne E-Procurement-Plattformen schaffen durch zentrale Datenhaltung und nahtlose Schnittstellen volle Transparenz: OEMs und Zulieferer behalten Preise, Lieferzeiten, Verfügbarkeiten und den aktuellen Status jeder Bestellung jederzeit im Blick – ein entscheidender Vorteil bei volatilen Märkten und kurzfristigen Planänderungen.

Bessere Zusammenarbeit durch Lieferantenintegration
Die digitale Anbindung von Tier-1- und Tier-2-Lieferanten verbessert die Kommunikation erheblich. Produktkataloge, Auftragsbestätigungen oder Lieferdokumente können automatisch verarbeitet werden – das minimiert Missverständnisse und verkürzt Reaktionszeiten.

Self-Service entlastet den Einkauf
Durch benutzerfreundliche Self-Service-Portale können Fachabteilungen ihre Bedarfe selbstständig erfassen – etwa bei der Beschaffung indirekter Materialien oder Dienstleistungen. Der Einkauf behält die Kontrolle, sorgt für Compliance und kann sich auf strategische Aufgaben konzentrieren.

Skalierbarkeit für wachsende Anforderungen
Ob neue Fahrzeugplattformen, internationale Fertigungsstandorte oder die Integration neuer Technologien wie E-Mobilität – moderne Procurement-Systeme wachsen mit. Sie lassen sich flexibel anpassen und unterstützen damit die Innovationskraft der Branche.

In der Automobilindustrie ist Zeit gleich Geld und Transparenz gleich Sicherheit.

Praxis-Tipp: Beginnen Sie mit der Digitalisierung des indirekten Einkaufs, hier sind die Quick Wins am größten.

Trend 2: Strategisches Risikomanagement für resiliente Lieferketten

Die Halbleiter-Krise hat gezeigt: Wer kein Risikomanagement hat, steht still.

Globale Krisen, geopolitische Spannungen und der Klimawandel zeigen, dass die Automobilindustrie vor einer großen Herausforderung steht. Besonders bei der Sicherung ihrer Lieferketten gibt es viele Probleme. Produktionsausfälle durch fehlende Bauteile, volatile Rohstoffmärkte und regionale Instabilitäten treffen OEMs und Zulieferer gleichermaßen. Umso wichtiger ist ein strategisches Risikomanagement. Risiken müssen frühzeitig identifiziert werden und gezielte Maßnahmen zur Resilienzsteigerung ermöglicht werden.

Die Vorteile im Überblick:

Strategische Maßnahmen:

  • Risiko-Mapping: Kritische Schwachstellen transparent machen
  • Multi-Sourcing: Nie wieder Single-Source-Abhängigkeiten
  • Frühwarnsysteme: KI-gestützte Analyse von Marktentwicklungen
  • Business-Continuity-Pläne: Konkrete Notfallstrategien entwickeln

Erfolgsbeispiel: Unternehmen mit diversifizierten Lieferantenstrukturen überstanden die Corona-Krise besser.

Trend 3: Compliance als Wettbewerbsvorteil

Neue Gesetze, neue Chancen: Gesetze wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) zwingen zum Handeln, aber schaffen auch Differenzierungsmöglichkeiten.

Hier ein Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen im Einkauf der Automobilindustrie:

Name Gültigkeit Inhalt Zum nachlesen
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG, Deutschland) Gültig seit 2023 (für Unternehmen > 3.000 MA), seit 2024 auch für > 1.000 MA
  • Verpflichtung zur menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risikoanalyse
  • Gilt für direkte und teilweise indirekte Zulieferer
  • Erfordert Berichts- und Dokumentationspflichten
  • BMWK: Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
    EU-Lieferkettengesetz (CSDDD, Corporate Sustainability Due Diligence Directive) Verabschiedet Juni 2024; Umsetzung voraussichtlich ab 2026/27
  • Einheitliche EU-Regeln zur Einhaltung von Menschenrechten, Umweltstandards und Good Governance
  • Gilt für Unternehmen ab 1.000 MA und 450 Mio. € Umsatz
  • Einführung zivilrechtlicher Haftung bei Verstößen
  • EU-Lieferkettengesetz
    CSRD; Corporate Sustainability Reporting Directive (EU) Gültig seit: 2024 (gestaffelte Einführung)
  • Erweiterte ESG-Berichtspflichten (Umwelt, Soziales, Governance)
  • Nachhaltigkeitsdaten werden integraler Bestandteil von Einkaufsentscheidungen
  • Pflicht zur Einhaltung der EU-Taxonomie
  • EU - Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)
    EU-Taxonomie-Verordnung Gültig seit 1. Januar 2022 (gestaffelte Anwendung je nach Umweltziel)
  • Legt fest, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als ökologisch nachhaltig gelten
  • Relevant für die Lieferantenauswahl unter Umweltaspekten
  • EU-Taxonomie Überblick
    REACH-Verordnung (EU) Gültig seit 1. Juni 2007 (mit laufenden Aktualisierungen)
  • Regelt die Registrierung, Bewertung und Zulassung chemischer Stoffe
  • Einkauf muss Materialkonformität sicherstellen und dokumentieren
  • ECHA - REACH Regulation
    RoHS-Richtlinie (EU) Gültig seit 1. Juli 2006 (aktuelle Fassung: 2011/65/EU)
  • Beschränkt gefährliche Stoffe in Elektronik und Elektrobauteilen
  • Besonders relevant bei elektronischen Komponenten im Fahrzeug
  • EU - RoHS-Overview
    Euro-Normen (z. B. Euro 6, Euro 7) Euro 6 gültig seit September 2015 Euro 7 geplant ab: 1. Juli 2027 (für PKW und leichte Nutzfahrzeuge)
  • Grenzwerte für Emissionen (NOx, Partikel, CO)
  • Einfluss auf Spezifikationen für Abgastechnik, Bremsen und Reifen
  • EU-Kommission - Euro 7 Vorschlag
    CO₂-Flottengrenzwerte (EU-Verordnung 2019/631) Gültig seit 1. Januar 2020 (mit schrittweiser Verschärfung bis 2035)
  • CO₂-Zielwerte für Fahrzeugflotten
  • Relevanz für emissionsarme Komponenten und Leichtbau
  • Strafzahlungen bei Überschreitung der Grenzwerte
  • EU-Verordnung 2019/631 - EUR-Lex
    EU-Batterieverordnung Gültig seit: 17. August 2023
  • Anforderungen an CO₂-Fußabdruck, Recyclingquoten und Herkunftsnachweise
  • Einführung eines verpflichtenden digitalen Batteriepasses ab 2026
  • EU - Neue Batterieverordnung 2023
    Ökodesign-Verordnung (ESPR - Ecodesign for Sustainable Products Regulation) Verabschiedung 2025, Inkrafttreten ab voraussichtlich 2026
  • Anforderungen an Reparierbarkeit, Haltbarkeit und Ressourceneffizienz
  • Förderung nachhaltiger, zirkulärer Produktgestaltung
  • EU - Ecodesign Regulation Overview

    Strategischer Ansatz: Unternehmen, die Compliance als Innovationstreiber nutzen, gewinnen Vertrauen bei Investoren und Kunden.

    Regulatorik und Nachhaltigkeit aktiv zu nutzen, prägt zunehmend die Rolle des Einkaufs. Dieser Trend ist deutlich spürbar, denn auch die deutsche Regierung fördert diese Denkweise. Beispielsweise durch das Konjunkturpaket der Bundesregierung aus dem Jahr 2020 mit gezielten Fördermodulen. Zu den Modulen gehört die Modernisierung von Produktionsanlagen und die Förderung regionaler Innovationscluster. So wird die Automobilbranche aktiv bei der Transformation unterstützt. Ziel ist es, resiliente Lieferketten aufzubauen, technologische Zukunftsfelder wie autonomes Fahren voranzutreiben und durch digitale Infrastrukturprojekte wie GAIA-X eine vernetzte, leistungsfähige Industrie zu ermöglichen. Der Einkauf wird zur Schnittstelle für Innovation, Partnerschaft und Transformation.

    Trend 4: Datenbasierter Einkauf mit Predictive Analytics

    Datenbasierte Einkäufer treffen bessere Entscheidungen als ihre Kollegen mit Bauchgefühl.

    • Predictive-Analytics-Modelle helfen dabei, zukünftige Bedarfe, Preisentwicklungen oder potenzielle Lieferengpässe frühzeitig zu erkennen. Ein datenbasierter Blick in die Zukunft verschafft einen klaren Vorsprung. Besonders bei schwer planbaren Bauteilen wie Halbleitern oder Hochvolt-Batterien spielt das eine große Rolle.
    • Durch die Kombination interner Daten (z. B. Bestellhistorie, Verbrauchsverhalten, Produktionsplanung) mit externen Quellen (z. B. Marktanalysen, geopolitische Entwicklungen, Rohstoffpreise) entstehen fundierte Entscheidungsgrundlagen für den Einkauf. So kann etwa ein Anstieg der Nickelpreise frühzeitig in der Batterieproduktion berücksichtigt werden.

    Unternehmen mit datenbasierten Einkaufsprozessen reagieren deutlich agiler, sei es bei Nachfrageschwankungen, Rohstoffengpässen oder politischen Veränderungen. Die Fähigkeit, frühzeitig zu handeln, wird zur entscheidenden Stärke im internationalen Wettbewerb.

    Trend 5: Globale Beschaffung neu denken: Regionalisierung & Nearshoring

    Paradigmenwechsel: Statt "global sourcing" heißt es jetzt "smart sourcing". Unter dem Motto regional wo möglich, global wo nötig.

    • Kürzere Lieferwege senken Kosten und Emissionen: Durch die Verlagerung von Produktions- und Beschaffungsaktivitäten näher an den Produktionsstandort lassen sich Transportzeiten und -kosten deutlich reduzieren. Gleichzeitig sinken CO₂-Emissionen
    • Höhere Resilienz in unsicheren Zeitee: Regionale Lieferantenbeziehungen sind oft stabiler und weniger anfällig für internationale Krisen, Naturkatastrophen oder politische Spannungen. Gerade bei präziser Taktung und Just-in-Time-Produktion, kann eine regionale Nähe entscheidend sein, um die Lieferfähigkeit zu sichern.
    • Weniger Abhängigkeit von Risikoregionen: Viele Unternehmen der Branche überdenken derzeit ihre starke Abhängigkeit von einzelnen Märkten, insbesondere von China. Die gezielte Diversifikation der Lieferantenstruktur durch Nearshoring schafft strategische Optionen und reduziert das Risiko von Lieferausfällen oder geopolitisch bedingten Einschränkungen.
    • Stärkung lokaler Wirtschaftsräume: Die Einbindung regionaler Zulieferer stärkt nicht nur wirtschaftliche Strukturen vor Ort, sondern fördert auch Vertrauen bei Kunden, Partnern und Mitarbeitenden.
    • Erleichterte Compliance und ESG-Erfüllung: Regionale Beschaffung erleichtert die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben.

    Von der Theorie zur Praxis: Ihr 3-Phasen-Aktionsplan

    Die fünf Trends zu kennen ist eine Sache, sie erfolgreich umzusetzen eine andere. Hier ist Ihr konkreter Fahrplan, um den Einkauf in Ihrem Unternehmen zukunftssicher aufzustellen:

    Phase 1: Sofortmaßnahmen (0-3 Monate)

    Ziel: Schwachstellen identifizieren und Quick Wins realisieren

    Konkrete Schritte:

    • Digitalisierungsaudit durchführen
      • Alle manuellen Bestellprozesse dokumentieren
      • Zeitaufwand pro Vorgang messen
      • Automatisierungspotenzial bewerten (Start mit indirektem Einkauf)
    • Risikoinventur erstellen
      • Single-Source-Lieferanten identifizieren
      • Kritische Bauteile nach Verfügbarkeit kategorisieren
      • Geografische Risikoverteilung analysieren
    • Compliance-Check durchführen
      • LkSG-Anforderungen gegen aktuelle Prozesse prüfen
      • Lieferanten-Dokumentation auf ESG-Kriterien überprüfen
      • Rechtliche Lücken identifizieren

    Erwartetes Ergebnis: Transparenz über Ist-Zustand und erste 5-10% Effizienzsteigerung

    Phase 2: Mittelfristige Transformation (3-12 Monate)

    Ziel: Systeme implementieren und Strukturen aufbauen

    Konkrete Schritte:

    • E-Procurement-System einführen
      • Anbieter-Evaluation basierend auf Automotive-Spezifikationen
      • Pilotprojekt mit einer Warengruppe starten
      • Tier-1-Lieferanten schrittweise integrieren
    • Lieferantendiversifikation vorantreiben
      • Für kritische Komponenten mindestens 2 alternative Quellen aufbauen
      • Nearshoring-Optionen in Osteuropa/Nordafrika evaluieren
      • Regionale Lieferanten qualifizieren und onboarden
    • Predictive Analytics etablieren
      • Datenquellen definieren und verknüpfen
      • KI-Tools für Preisvorhersagen implementieren
      • Erste Prognosemodelle für Halbleiter/Batterien testen

    Erwartetes Ergebnis: 15-25% Effizienzsteigerung und deutlich höhere Lieferketten-Resilienz

    Phase 3: Strategische Neuausrichtung (12+ Monate)

    Ziel: Einkauf als strategischen Innovationstreiber positionieren

    Konkrete Schritte:

    • Co-Innovation-Programme entwickeln
      • Joint Development-Projekte mit Schlüssellieferanten
      • Gemeinsame F&E-Budgets für Zukunftstechnologien
      • Supplier Innovation Days etablieren
    • Vollständige ESG-Integration
      • Nachhaltigkeits-KPIs in alle Lieferantenverträge einbauen
      • CO₂-Footprint-Tracking für gesamte Lieferkette
      • Circular Economy-Prinzipien in Produktentwicklung integrieren
    • Digitales Ökosystem schaffen
      • Blockchain für Lieferketten-Transparenz implementieren
      • IoT-Sensoren für Real-Time-Monitoring installieren
      • Tier-2 und Tier-3-Lieferanten digital vernetzen

    Erwartetes Ergebnis: Einkauf wird vom Kostenoptimierer zum strategischen Wettbewerbsvorteil

    Fazit

    Die deutsche Automobilindustrie steht am Scheideweg. Während internationale Konkurrenten mit niedrigen Kosten und schneller Innovation punkten, haben deutsche Unternehmen einen entscheidenden Vorteil: ihre Ingenieurskunst und Präzision.

    Der Einkauf ist der Schlüssel, um diese Stärken zu aktivieren. Unternehmen, die ihren Einkauf strategisch transformieren, sichern nicht nur kurzfristige Kosteneinsparungen, sondern langfristige Wettbewerbsvorteile.

    Die Entscheidung liegt bei Ihnen: Bleiben Sie reaktiver Kostenoptimierer oder werden Sie proaktiver Innovationstreiber?

    FAQ

    Was versteht man unter direktem und indirektem Einkauf in der Automobilindustrie?
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    Direkter Einkauf umfasst Materialien, die direkt in das Fahrzeug eingehen, wie Karosserieteile, Batterien oder Motoren. Indirekter Einkauf bezieht sich auf Güter und Dienstleistungen wie IT-Services, Softwarelizenzen oder Maschinenwartung, die den Produktionsprozess unterstützen, aber nicht im Endprodukt enthalten sind.

    Warum steckt die deutsche Automobilindustrie 2025 in der Krise?
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    Ursachen sind u. a. die hohe Exportabhängigkeit, sinkende Standortattraktivität, der Rückstand bei Elektromobilität sowie globale Risiken wie Handelskonflikte und Lieferengpässe. Die Produktion ist seit 2018 um rund 25 % gesunken.

    Welche Rolle spielt der Einkauf für die Wettbewerbsfähigkeit von Automobilherstellern?
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    Der Einkauf beeinflusst maßgeblich die Kostenstruktur. Durch Warengruppenmanagement, Lieferantenkonsolidierung und digitale Lösungen können Unternehmen signifikante Einsparungen erzielen und gleichzeitig Effizienz und Resilienz erhöhen.

    Welche Trends prägen den Einkauf in der Automobilindustrie 2025?
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    Die fünf zentralen Trends sind:

    • Digitalisierung & E-Procurement
    • Strategisches Risikomanagement
    • Compliance als Wettbewerbsvorteil
    • Datenbasierter Einkauf mit Predictive Analytics
    • Regionalisierung & Nearshoringz
    Wie helfen digitale Lösungen im Automotive-Einkauf?
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    Digitale Beschaffungstools automatisieren Bestellprozesse, schaffen Echtzeit-Transparenz entlang der Lieferkette, verbessern die Lieferantenkommunikation und steigern die Skalierbarkeit bei wachsendem Bedarf.

    Was ist datenbasierter Einkauf und warum ist er wichtig?
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    Datenbasierter Einkauf nutzt interne und externe Datenquellen zur Vorhersage von Bedarfen, Preisen und Risiken. Das ermöglicht schnellere, fundiertere Entscheidungen und reduziert Abhängigkeiten von Märkten oder Lieferanten.

    Welche Rolle spielt Compliance im Automotive Procurement?
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    Gesetze wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) oder die EU-CSRD schaffen neue Anforderungen – aber auch Chancen. Unternehmen, die Compliance strategisch einsetzen, stärken Vertrauen bei Stakeholdern und differenzieren sich vom Wettbewerb.

    Was bedeutet Nearshoring für die Automobilbranche?
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    Nearshoring bezeichnet die Verlagerung von Beschaffungs- oder Produktionsprozessen in geografisch nähere Regionen. Das erhöht die Resilienz, senkt Transportkosten und erleichtert die Einhaltung von ESG-Standards.

    Wie beginne ich die Transformation meines Einkaufs?
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    Ein dreistufiger Aktionsplan ist hilfreich:

    Phase 1: Sofortmaßnahmen (z. B. Digitalisierungsaudit, Risikoinventur)
    Phase 2: Systemeinführung & Lieferantendiversifikation
    Phase 3: Strategische Neuausrichtung & ESG-Integration

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    Über den Autor
    Von Fabian Heinrich
    Fabian Heinrich
    CEO & Co-Founder of Mercanis

    Fabian Heinrich ist CEO und Co-Founder von Mercanis. Zuvor war er Mitgründer des Procurement-Unternehmens Scoutbee und machte es zu einem der weltweit führendenAnbieter im Scouting-Bereich mit Niederlassungen in Europa und den USA und mit Kunden wie Siemens, Audi und Unilever. Nach einem Bachelorabschluss sowie einem Master in Accounting and Finance von der Universität St. Gallen durchlief er außerdemStationen bei Deloitte und Rocket Internet SE.

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