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Vom CPO zum CEO der Ausgaben - Im Gespräch mit Jan-Henner Theissen von targetP über die Zukunft des Einkaufs

In dieser Folge von Procurement Unplugged sprechen wir mit Jan-Henner Theissen, Gründungspartner von TargetP und seit 28 Jahren im Einkauf aktiv. Gemeinsam mit Fabian Heinrich geht er der Frage nach, warum der Einkauf heute mehr denn je ein strategisches Re-Branding braucht – weg vom klassischen „Bestellbüro“ hin zum Businesspartner auf Augenhöhe.

Jan fordert ein radikales Umdenken: Einkaufsleiter:innen müssen sich als CEO der Ausgaben verstehen, mit klarer Strategie, interner Sichtbarkeit und messbarem Wertbeitrag – weit über reine Einsparungen hinaus.

Im Zentrum stehen Themen wie:

  • Wie entwickelt man eine zukunftsfähige Einkaufsstrategie?
  • Warum ist interne Kommunikation so wichtig und wie können Einkäufer von anderen Abteilungen lernen?
  • Welche Rolle spielen Digitalisierung, KI und Resilienz in der Beschaffung von morgen?
  • Und wie wird man als Einkauf endlich frühzeitig eingebunden statt nur „ausgeführt“?

Eine Pflichtfolge für alle, die den Einkauf im Unternehmen neu denken, neu positionieren und zukunftssicher aufstellen wollen.

Unsere Sprecher
Fabian Heinrich
Fabian Heinrich
CEO & Co-Founder of Mercanis
Jan-Henner Theißen
Jan-Henner Theißen
Co-founder and Procurement Manager at targetP & Former Director at AGCO

Fabian Heinrich (00:00)

Herzlich willkommen bei einer weiteren Folge von Procurement Unplugged. Heute mit einem gern gesehenen Gast Jan Henna-Thyssen von TargetP Gründungspartner von TargetP und auch seit fast schon einigen Jahrzehnten ein absoluter Procurement-Experte. Herzlich willkommen Jan.

Jan Theissen (00:17)

Vielen Dank Fabian, freut mich.

Fabian Heinrich (00:19)

Ja Jan, da du ja schon eine ganze Weile im Einkauf zugange bist, vielleicht kannst du mal ein bisschen so deine Reise erzählen, wie bist du in den Einkauf gekommen und was hat dich über die letzten fast schon zwei Jahrzehnte im Einkauf so bewegt.

Jan Theissen (00:35)

Ja, was hat mich bewegt? Gute Frage. Also ich bin mittlerweile seit 28 Jahren im Einkauf relativ eng verbunden, bin irgendwann mal nach meiner Berufsausbildung mehr oder weniger durch Zufall im Einkauf gelandet, wollte ich eigentlich gar nicht hin, aber da brauchten sie jemanden und bin da angefangen.

Und relativ schnell, obwohl ich nur bedingt zu dem Zeitpunkt motiviert war im Einkauf zu arbeiten, ist es dann doch von einer vielleicht lästigen Pflicht zu einem sehr spannenden Thema geworden, was mich bis heute nicht losgelassen hat.

Im Einkauf bin ich seit 28 Jahren und habe viele unterschiedliche Rollen gemacht in der Zeit. Den klassischen Weg eines Einkäufers auch genommen, mich über unterschiedliche Funktionen hochgearbeitet, habe dementsprechend auch eine schöne Perspektive gekriegt. Was macht der klassisch taktisch operative Einkäufer, was macht der strategische Einkauf bis hin zu der Möglichkeit, ich in den letzten zwei Stationen meines industriellen Werdeganges die Chance hatte, auch global neue Einkaufsorganisationen aufzuwenden.

zu bauen, zu restrukturieren, auch Leute unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Regionen zusammenzuführen. Und das ist letztendlich auch das, was mich seitdem am Einkauf fasziniert. Es ist die Interaktion mit Menschen, es ist die Interaktion von Kulturen, es ist das Zusammenarbeiten an herausfordernden Themen, eben wie gesagt Länder oder kulturübergreifend. Es ist immer und immer wieder herausfordernd.

Ich glaube, so Stillstand kennen wir im Einkauf nicht. Immer wenn wir glauben, es hat sich gerade so ein bisschen beruhigt oder eingefahren, können wir damit rechnen eigentlich, dass es eine neue Krise gibt, die uns beschäftigt, eine neue Herausforderung, die dann auch letztendlich eine gedankliche oder intellektuelle Herausforderung wird, sich auch mit neuen Themen zu befassen, sei es nun organisatorisch, sei es prozessual.

Inhaltliche Themen wie beispielsweise Risikomanagement oder digitaler Einkauf. In den letzten Jahren natürlich auch die großen Diskussionen zum Thema künstliche Intelligenz im Einkauf. Und das ist letztendlich auch das, was mich immer wieder fasziniert. Es wird nicht langweilig. Es gibt immer wieder neue Herausforderungen, sei es durch Technologien, sei es durch das Umfeld. dementsprechend bin ich auch, nachdem ich 20 Jahre lang in der Industrie gewesen bin, seit acht Jahren selbstständig, sodass ich auch letztendlich

ich die Chance habe in der Zeit auch in vielen anderen Unternehmen hineinzuschauen, neue Herausforderungen kennenzulernen, auch neue Themen angehen zu können und ich denke mal das wird mich auch die nächsten Jahre noch weiter beschäftigen und mich auch weiterhin noch begeistern das Thema weiterzumachen.

Fabian Heinrich (03:13)

Ja, 28 Jahre, fast drei Jahrzehnte Einkauf. Ich meine, wenn du jetzt mal so guckst, als du angefangen hast damals, wie hat sich der Job des Einkaufs oder die Einkaufsabteilung über diese 28 Jahre verändert. Du meinest ja immer wieder neue Herausforderungen, klar, aber wenn man jetzt mal so zurückguckt, mehr als zwei Jahrzehnte zurück, wie hat sich das jetzt im Grundlegenden verändert?

Jan Theissen (03:38)

Ja, ich sehe das immer so mit zwei unterschiedlichen Blickwinkeln. Auf der einen Seite glaube ich, die Veränderung war gar nicht so groß, wie wir manchmal glauben. Wir könnten glaube ich einkaufsseitig noch wesentlich besser innovieren, uns noch schneller auch, sage ich mal, den Herausforderungen stellen. Da sind wir glaube ich im Vergleich auch zu anderen.

Funktionsbereichen im Unternehmen immer noch ein bisschen langsamer unterwegs. Also das ist so ein bisschen das kritische Auge, wo ich sage, veränderung in denen fast 30 Jahren ist vielleicht zu marginal. der anderen Seite sieht man natürlich schon, dass es Weiterentwicklung gegeben hat. Als ich angefangen bin, da wurde sehr oft immer noch auf Konferenzen oder auch im Kollegenkreis so gescherzt, wer nichts kann, der geht in den Einkauf.

Dementsprechend war der Einkauf natürlich auch immer sehr operativ unterwegs. Also da brauchte man auch nicht wirklich über strategische Themen sprechen, weil das den Leuten gar nicht oftmals gerade im Mittelstand bekannt war, was man als Einkäufer denn noch können müsste außer vielleicht mal eine Anfrage rauszuschicken, nachverhandeln, einen Auftrag zu vergeben. sag mal so klassische Themen, die heutzutage schon Standard sind wie ein ausgeprägtes Lieferantenmanagement, ein ausgeprägtes Warengruppenmanagement, auch strategische Einkaufsentscheidungen zu betrachten, waren sicherlich in vielen Unternehmen vor 20, 30 Jahren noch nicht so ausgeprägt wie es heute ist. Andererseits sage ich natürlich auch, gerade auch wenn man in den Mittelstand geht und da rede ich nicht von kleinen Unternehmen, sondern auch durchaus von Unternehmen mit Milliardenumsatz.

Auch da sind oftmals noch Lücken in genau diesen Kernthemen vorhanden. wie strategischer Einkauf in Richtung Warengruppe oder Lieferant, aber auch eben natürlich digitale Themen. Sicherlich digital eines der Treiber gewesen in den letzten 20 Jahren, angefangen so in den späten 90ern, frühen 2000er Jahren mit dem Aufkommen der Beschaffungsplattformen.

Das hat sicherlich auch zur Veränderung beigetragen, aber da spiele ich dann auch den Ball zu meiner ersten Aussage zurück, hätten wir da schneller sein können, hätten wir gravierender uns weiterentwickeln können, ja, mit Sicherheit in einzelnen Fällen.

Fabian Heinrich (05:54)

Ich meine, du hast dir wahrscheinlich in deiner Aufgabe bei Industrieunternehmen die eine oder andere Lösung eingeführt. Jetzt in den letzten Jahren dann als Beratungsunternehmen wahrscheinlich dann noch mal einen viel weiteren Blick bekommen über viele Industrien hinweg. Was waren da so die großen Learnings?

Jan Theissen (06:14)

Ja, ich glaube, ich habe jetzt mal vor ein paar Tagen nachgezählt mit meinem Kollegen. haben, glaube ich, über 30 digitale Projekte gemacht von E-Sourcing-Plattformen über Lieferantenmanagement-Plattformen, Rahmenthemen wie ESG, Lieferkettengesetz, Anforderungen. Wir haben relativ viel im Bereich Risikomanagement da etabliert. SAP, Systemmigrationen oder Neuaufsätze oder Aufsetzungen in dem Bereich mitbegleitet.

Was sind die Learnings? Zum einen muss man dann, ich fange jetzt mal wieder ein bisschen mit dem Kritischen an, wir haben vor 25 Jahren schon immer zu hören bekommen von den IT-Firmen. Ihr habt jetzt die Chance, etwas strategisch arbeiten zu können, denn die digitalen Lösungen werden euch operative, taktische Tätigkeiten abnehmen. Ihr fokussiert euch jetzt stärker auf den strategischen Einkauf.

Das hört man auch 25 Jahre später immer noch. Das zeigt mir eigentlich, dass da immer noch viel Potenzial ist, bzw. vieles noch nicht umgesetzt wurde. Anderes klassisches Learning ist halt, dass im Vergleich zu den klassischen Beschaffungsplattformen heute der digitale Einkauf sicherlich schwerer verständlich ist auch für die Mitarbeitenden im Einkauf.

Früher waren Einkaufsplattformen letztendlich nichts anderes als wir transportieren das was wir auf Word oder in der E-Mail haben in eine in einen Online Plattform und dann brauchst du quasi deine Anfrage nur noch da eintragen und dann geht es raus. Jetzt reden wir natürlich über Themen wie Blockchain, reden über Themen wie KI, wir reden über Big

Fabian Heinrich (07:51)

Mh.

Jan Theissen (07:56)

Data, wir reden viel über die Begriffe Algorithmen. Das heißt, dieses Thema Change Management und Menschen auch mit auf die Reise zu nehmen, ist heute noch viel wichtiger als vor 25 Jahren oder vor 20 Jahren, weil mittlerweile natürlich auch eine Angst da ist, nicht mehr genau zu verstehen, was man da eigentlich vor sich hat, was diese berühmten Black Boxen da machen, diese Algorithmen und diese künstliche Intelligenz. Es ist halt abstrakter geworden und durch diese

Abstraktheit habe ich natürlich einen wesentlich höheren Aufwand, mittlerweile auch den Leuten zu vermitteln, was kommt da auf dich zu, wie verwendest du das und eben auch die Angst zu nehmen, damit zu arbeiten und gegebenenfalls auch gerade im KI-Zeitalter die Angst zu nehmen, dass dieses komische Tool da im Hintergrund dann irgendwann mal dir den Arbeitsplatz wegnimmt und das sind so die klassischen Learnings.

Fabian Heinrich (08:50)

Ja, bloß das geht ja noch weiter. Ich früher hatte ich vielleicht bis vor fünf Jahren eine Lösung als Einkäufer. Und heute gibt es ja Statistiken, sieben, acht Lösungen pro Einkäufer, die man nutzen muss. Das heißt, ich habe ja da alleine schon eine Tool-Fatigue. Jetzt noch mal ein Tool und so weiter. Das heißt, ist das Change-Management ja noch wichtiger.

Jan Theissen (09:14)

Das kann ich auch so bestätigen und ich weiß, haben damals, als ich noch für einen amerikanischen Konzern tätig war, wir relativ viel gemacht auch im Bereich digitaler Einkauf, weil wir brauchten diese Strukturen, überhaupt den globalen Einkauf zu befähigen. Da ging es jetzt nicht darum, Digitalisierung der Digitalisierung willen, sondern es ging darum, die globalen Einkaufsteams zu befähigen, auch zusammenzuarbeiten und vernünftig Entscheidungen fällen zu können.

Und da sind wir dann auch irgendwann sehr stark darin über geschwenkt zu sagen, müssen dieses Ausrollen von Lösungen besser takten, weil wir können nicht alles auf einmal machen und wir können die Zyklen auch nicht zu kurz machen, weil dann die Fähigkeit der Teams das auch wirklich aufzunehmen, zu verarbeiten und vor allen Dingen zu nutzen einfach überfordert wird. Weil wir haben letztendlich immer noch ein Tagesgeschäft, wir haben immer noch Projekte, die wir bedienen müssen, haben Serien, die wir bedienen müssen und da kommt für viele natürlich das Thema digitaler Einkauf.

Noch on top und das muss natürlich so verwoben werden, dass es auch umsetzbar ist und das ist sicherlich etwas was leider Gottes wir auch immer noch sehen der ein oder andere falsch macht oder vielleicht nicht perfekt macht.

Fabian Heinrich (10:20)

Mh.

Jan Theissen (10:29)

Verstehe ich auch, weil wenn man das Thema ansetzt, will man natürlich auch schnell vieles schaffen, aber man hat eben auch die Chance schnell viele zu überfordern und da ist sicherlich eine gewisse Sensibilität auch notwendig.

Fabian Heinrich (10:41)

Ja. Du hast eben schon einige Themen erwähnt, 30 Themen, du in den letzten Jahren

Wenn du mal so guckst, wir ja erst so, ich sag mal, diese Trendwelle Risikomanagement im Einkauf, dann ging da, also da war ja auch dann in dem Auftrieb irgendwie ein Scout Bee und ein Risk Methods, die da oft eingeführt wurden. Dann kam ja diese, sag mal, ISG-Welle, wo es dann halt viel darum, diese Regulatory geht. ich meine, kannst du, also was waren deine Erfahrungen so aus diesen beiden Wellen? Und welche Welle siehst du jetzt aktuell kommen oder was ist jetzt aktuell die neue Trendwelle, so als nächste Frage.

Jan Theissen (11:30)

Ich tue mich immer sehr schwer mit den Trends. Jeder, so bisschen mal online aktiv ist, zum Beispiel bei LinkedIn, der kann sich ja da die Uhr nachstellen. So spätestens im Oktober, November kommt dann jede Beratung, jede Hochschule, jede IT-Software-Firma die Ecke und definiert die neuesten Trends oder die nächsten Trends fürs Folgejahr. Da tue ich mich wirklich sehr schwer mit. Klar, wir haben immer Trends, die natürlich auch oftmals durch das Umfeld vorgegeben werden, wenn ich halt natürlich viele Lieferdisruptionen habe, viele geopolitische Unsicherheiten, natürlich geht dann ein gewisser Trend in Richtung Risikomanagement. Gar keine Frage.

Und wenn ich Gesetzgebungen habe, wie ich sie in den letzten Jahren hatte mit dem Lieferkettengesetz, CBAM und wie es alle heißt, natürlich habe ich dann auch irgendwo einen Trend, dem ich mich anpassen muss, weil die Herausforderungen mich auch einfach betreffen. Ansonsten ist meine Empfehlung eigentlich immer zu sagen,

Fabian Heinrich (12:10)

In

Jan Theissen (12:29)

Trends beobachten oder einfach mal anschauen, aber nicht unbedingt hinterher hecheln. Viel wichtiger ist, dass ich als Einkaufsorganisation weiß, wo stehe ich, wo will ich hin.

Und wie komme ich vor allen Dingen dahin, wo ich hin will? Und das definiert dann letztendlich meinen ganz persönlichen Trend. keine Frage, das Thema Risikomanagement, das Thema auch Sourcing, Global Sourcing mit Hilfe von digitalen Lösungen, war sehr dominant in den letzten Jahren. Wird auch weiterhin irgendwo dominant sein, weil ich glaube, die Volatilität wird in den nächsten Jahren nicht weniger werden. Die geopolitischen Risiken werden nicht weniger werden. Das heißt, das Thema wird uns immer begleiten.

Es darf eben kein Trend mehr sein, sondern es muss ein ganz klassisches Werkzeug des Einkaufs sein und bleiben. Und das gleiche gilt auch für den aktuellen Trend in Anführungsstrichen. Jeder redet über KI, geht zu einer Einkaufskonferenz, wo hin du willst. Ich habe jetzt ein paar besucht in den letzten Jahren, egal ob in Deutschland oder außerhalb. Alle reden von KI. Und da kommen wir wieder in das nächste Thema.

Klar, KI hat viele Anwendungsfälle, sei es beim Bedarfmanagement, beim Warengruppenmanagement hat viel Potenzial auch bei der Automatisierung natürlich von Prozessen, von der Disposition hin bis zur Bestellerstellung, Vertragsprüfung, keine Frage. Aber gleichzeitig ist KI kein Trend, sondern muss ein wichtiger Baustein in dem Gesamtkonzept Einkauf werden. Und Gesamtkonzept Einkauf heißt eben der analoge Teil des Einkaufes, wie auch der digitale Teil des Einkaufes.

Fabian Heinrich (14:08)

Ja, das macht absolut Sinn. Ich glaube, was man hier mitnehmen kann für die ganzen Einkaufsleiter, die zuhören, nicht von irgendwie vermeintlichen Trends auf vielleicht auch messen oder Beratung oder Lösungsanbieter leiten lassen, sondern sich selbst seine Trends definieren, die dann auf die eigene CPO-Roadmap irgendwo auch einzahlen und das Ganze vor allem dann auch irgendwo im Gesamtkonstrukt sehen, quasi wie ist es verwoben, analog, digital und das dann quasi für sich umsetzen, da die Pferdestärken auf die Straße bringen und da quasi dann auch für sich das dann Mehrwert stiften würde ich mal sagen, ja oder?

Jan Theissen (14:56)

Ja letztendlich, ich habe als Einkauf eine Verantwortung gegenüber dem Unternehmen. Ich trage signifikant zum Unternehmensergebnis bei, also muss ich auch als Einkaufsleiter, als CPO mich adäquat aufstellen. Das heißt, ich bin quasi wie ein CEO für die Ausgaben des Unternehmens und dementsprechend habe ich auch einen entsprechenden Businessplan zu entwickeln, eine Einkaufsstrategie.

Und diese Einkaufsstrategie muss natürlich beinhalten, wie möchte ich den Einkauf positionieren innerhalb der Organisation, wie will ich auch gesehen werden und ich muss mir natürlich Gedanken machen, wie ich denn diesen Wertbeitrag, den Mehrwert für das Unternehmen schaffen möchte und wie ich auch als Einkauf darüber hinausgehend vielleicht einen gewissen Wettbewerbsvorteil für die Organisation schaffen kann. Das ist meine Verpflichtung als Einkaufsleiter in der heutigen Zeit. Und daraus definiere ich natürlich die Aufgaben und die eigenen Trends.

Fabian Heinrich (15:54)

Das finde ich ja sehr spannend, weil ich glaube, wenn ich so am Markt mit vielen Einkaufsleitern spreche, dass die Wahrnehmung nicht immer so ist, wie du sie gerade darstellst. Also ich glaube, nicht jeder Einkaufsleiter fühlt sich als CEO der Ausgaben und als strategischer Werttreiber. Ich meine, bis vor einigen Jahren sprach man ja oft noch, wir sind das Bestellbüro.

Deswegen, also ich glaube, wir sehen es immer mehr, dass der Trend dahin geht, tägliche Wert halb, aber ich glaube, CEO der Ausgaben, ist ja nochmal irgendwie, sagen wir mal, eine Stufe höher. Wie siehst du das im Markt? Zehnen sich die meisten Einkaufsleiter inzwischen so oder ist das noch so ein Weg dahin, ja?

Jan Theissen (16:33)

Naja, was man im Markt immer sieht, auch zum Beispiel wiederum wieder auf virtuellen Plattformen, die ewige Diskussion, der Einkauf, braucht ein Sitz am Vorstandstisch oder in der Geschäftsführung.

Fabian Heinrich (16:43)

Ja.

Jan Theissen (16:44)

Braucht er nicht notwendigerweise. Ihn zu haben wäre sicherlich von Vorteil für viele Dinge. Aber vor allem voran kommt erstmal der Schritt, sich als Einkauf auch mal zu definieren, zu positionieren und dann auch entsprechend abzuliefern, sich diesen Sitz am Vorstandstisch auch zu verdienen. Und ich glaube, das machen wir zumindest in Deutschland verglichen zu dem, was ich so aus meinen acht Jahren in den USA kenne, immer noch zu wenig. Wir verstehen uns oftmals immer noch sehr als Abwickler.

Fügen uns auch oft immer so ein bisschen in das Schicksal wir sind ja nur die Umsetzer wir werden zu spät eingebunden aber habe ich wirklich alle Maßnahmen ergriffen ⁓ das umzukehren dass ich wirklich auch in gewissen Themen die Federführung übernehme wissen meine internen Kunden wirklich was ich als Einkauf mache wissen meine internen Kunden was ich an Mehrwert bringen kann so dass ich eben auch frühzeitig eingebunden wäre also es ist ein geben und einnehmen und da ich glaube da sind wir oftmals noch zu passiv und ziehen uns lieber in so eine Opferrolle zurück und sagen man will ja nicht und die wollen ja nicht ich habe durchaus die Chance das auch umzudrehen und da gibt es auch durchaus schöne Beispiele die ich auch kennenlernen durfte wo ein Einkaufsleiter ganz klar für sich gesagt hat das ist unsere Rolle

Und so möchte ich auch mit meinen internen Partnern zusammenspielen und so möchte ich im Unternehmen wahrgenommen werden. Und ich glaube, dieser Prozess, der ist leider noch nicht überall angekommen. Also wir haben es letztendlich in der Hand. Also jeder Einkauf, der sich darüber beklagt, dass er zu sehr in der NEMA oder Umsetzerrolle ist, sollte besser mal prüfen, ob er sich auch mal anderweitig so engagiert hat, dass er auch anders wahrgenommen wird.

Fabian Heinrich (18:31)

Ja, jetzt hört sich das natürlich, wenn du das so erzählst, relativ einfach und logisch an. Aber wenn ich jetzt eher in so einer passiven Rolle bin und vielleicht dann eher hier der Ausführer bin, was wäre jetzt so dein Rezept oder deine Handlungsempfehlungen, dass ich da jetzt als Einkaufsleiter in eine aktive gestalterische Rolle, würde ich es jetzt mal nennen, komme? Also was wären da so die Schritte oder so die Handlungsempfehlungen?

Jan Theissen (19:02)

Vereinfacht gesagt ist es letztendlich ich brauche eine klare Vorstellung eine klare Vision klare Ziele wo ich hin will ich brauche eine gute Kommunikation mich intern abzustimmen auch intern klar zu machen was man macht und der dritte Schritt ist natürlich Leistung zu liefern und diese Leistung auch zu kommunizieren ich hatte jetzt vor kurzem einen Fall da hat zum Beispiel

Fabian Heinrich (19:26)

Und wenn ich da mal einhaken darf Leistung liefern heißt das dann quasi nur, hey ich bin hier der Größte, hab wieder X-Savings rein geholt, also quasi nur auf Savings passieren oder siehst du das Leistung liefern noch in anderen Schichten?

Jan Theissen (19:40)

Da wollte ich nämlich genau darauf hinaus, wenn wir über Einkaufsleistung oder von mir aus auch das Lieblingswort vieler Wertbeitrag reden, dann reden wir über mehr als nur Kosten. Der Einkauf ist sicherlich ein Kostenmanager, aber eben auch nicht nur. Der Einkauf ist ein Risikomanager, er ist ein Bedarfsmanager, er hat vielschichtige Aufgaben und ...

Fabian Heinrich (19:48)

Ja.

Jan Theissen (20:00)

Dementsprechend muss ja auch seine Leistung in Gesamtheit auch kommunizieren. Und das ist das, was ich gerade als Beispiel nennen wollte vor einigen Wochen. Da hat ein Einkauf wirklich sehr viel geleistet, hat aber sich bei der internen Kommunikation, internen Reporting eigentlich nur auf das Thema Kosten fokussiert. Und wenn ich das natürlich nur mache und dann vielleicht mal die Kostenziele nicht erreiche oder nicht groß über erfülle, dann stehe ich natürlich auch sehr schnell in der Kritik.

Wenn ich aber das Bündel an Leistungen, dass ich beispielsweise Lieferdisruption verhindert habe oder Insolvenzen perfekt oder zumindest gut gemanagt habe, wenn ich gute Vertragsgespräche geführt habe und dabei beispielsweise Kostensteigerungen vermieden oder abgefedert habe, all das ist ja eine Leistung des Einzelnen und der Abteilung.

Und da müssen sicherlich viele noch hin und sagen, pass mal auf, ich mache mal so eine Art monatliches Einkaufsreporting, wo ich nicht nur meine Zahlen reporte, sondern auch an Initiativen, ich in Unternehmen beigebracht habe. Ich habe Prozesse optimiert. Ich habe vielleicht eine digitale Plattform eingeführt und bin dadurch schneller geworden. Ich habe meine internen Kundenbeziehungen optimiert, indem ich halt, was weiß ich, bestimmte Gremien eingeführt habe.

Oder von mir aus auch aufgelöst habe. Ich habe vielleicht ein Guided Buying eingeführt, was den Bedarfsträger die Bestellung oder die Bedarfsanforderungen einfacher macht. All das sind ja Leistungen, die der Einkauf erbringt. Und da, glaube ich, müssen viele noch ein bisschen aus ihrem Schneckenhaus rauskommen und sagen, ich bin jetzt mal etwas breiter aufgestellt in dem, was ich intern kommuniziere und erarbeite mir damit dann auch sicherlich ein gewisses Standing.

Fabian Heinrich (21:51)

Ich glaube, das sind super Handlungsempfehlungen. Ich meine, vielen Unternehmen hat der Einkauf ja nicht den Sitz am Vorstandstisch. dass man da vor allem, was ich jetzt mitnehme, ist Vermarktung des Einkaufs innerhalb des Unternehmens und dass man da wirklich auch die Erfolge, die man tagtäglich erzielt und die Sachen, die man tagtäglich als Team erreicht, anentsprechend auch ganz klar kommuniziert und uns als Erfolge ausweist.

Also da wo Marketing und Sales ja immer sehr gut sind, die stehen dann immer sehr schnell als Helden im Unternehmen da, da hat denke ich mal der Einkauf generell noch bisschen Aufholbedarf.

Jan Theissen (22:27)

Genau. Ja und das ist übrigens auch das, was ich immer gerne Einkaufsleitern empfehle. Setzt euch doch mal bitte mit den Kollegen aus dem Marketing oder Vertrieb zusammen und lernt oder hört voneinander. Wir reden ja im Einkauf immer viel über das Thema Supplier Relationship Management. Wie kann ich diese Lieferantenbeziehung noch mal verbessern, optimieren, auch digitaler vielleicht machen.

Oftmals haben die Kollegen im Vertrieb im Marketing schon längst sowas auf Kundenseite, dieses klassische CRM. Da gibt es unheimlich viele Dinge, die wir voneinander lernen können. Warum soll ich meinen Lieferanten oder bestimmte Methoden, die ich auf Kundenseite anwende, nicht auch auf Lieferantenseite anwenden? Warum hat ein Vertrieb ein CRM, aber der Einkauf macht sein Lieferantenmanagement mit Excel oder mit gar nichts?

Fabian Heinrich (23:22)

Schöner Ort, ja.

Jan Theissen (23:22)

Und genau das gleiche ist auch das Thema Vermarktung oder interne Kommunikation. Einfach mal mit den Leuten zusammensetzen, austauschen, voneinander lernen. Kostet nichts, brauche ich keinen Berater für. Ist vielleicht mal eine Stunde Aufwand oder zwei Stunden Aufwand, aber kann ein unheimliches Potenzial haben.

Fabian Heinrich (23:42)

Ja, ich glaube dann komme ich auch schon zu meiner letzten Frage an dich. Jetzt warst du schon 28 Jahre im Einkauf, vieles hat sich verändert. Wir haben uns einige Veränderungen ja auch schon ausgetauscht. Wo siehst du den Einkauf in den nächsten fünf bis zehn Jahren? Wo wird sich das Ganze hin entwickeln? Wo wird sich die Rolle des Einkaufsleiters hin entwickeln?

Jan Theissen (24:06)

Ich bin weiterhin der festen Überzeugung, dass in den nächsten 5-10 Jahren auch weiterhin der Mensch im Einkauf der kritische Erfolgsfaktor sein wird. Trotz aller Diskussionen über Digital und KI und so weiter und so fort. Im Gegenteil, ich...

Ich stehe sogar der Rolle Mensch noch einen wesentlichen wichtigeren Faktor zu als in der Vergangenheit. Weil wenn ich schon auf bestimmten Ebenen digitale Lösungen einsetze, Bots, irgendwelche Robotics, ist dieses Thema Interaktion zwischen Menschen eigentlich noch eine Spur wichtiger. Irgendjemand muss Vertrauen schaffen, irgendjemand muss diese Beziehungen ausbauen, irgendjemand wird am Ende auch des Tages die Entscheidung fällen müssen und da ist sicherlich der gut ausgebildete Mitarbeitende,

Noch mehr Skills hat, noch mehr Fähigkeiten hat als das heute hat, sicherlich noch eine Spur wichtiger als das schon ist. Also der Einkauf verschwindet und wird ersetzt durch Technologien. Das sehe ich nicht so. Es werden einzelne Prozesse sein, es werden einzelne Aufgaben sein, aber bei der Geschwindigkeit, wie wir uns im Einkauf anpassen in den letzten Jahren glaube ich wird es noch bisschen länger dauern als der eine oder andere das vielleicht gerne hätte oder vermuten würde.

Und dementsprechend bin ich auch der Ansicht, dass der Einkauf innerhalb des Unternehmens noch stärker zum Krisenmanager wird, weil ich persönlich nicht so positiv in die Zukunft blicke. Wenn man sich die Entwicklung in den letzten Jahren anschaut, ist man glaube ich

Man glaube ich so bisschen ernüchtert darüber, wie die geopolitische Stabilitäten, das Thema Global Sourcing kommt immer mehr unter Druck. Wir erleben gerade in vielen Projekten eben auch das Thema Meershoring, also zurück aus bestimmten Ländern. Das ist natürlich auch mit einem gewissen Vertrauensverlust, mit einer gewissen Angst behaftet. Das wird sicherlich den Einkauf nochmal so ein bisschen an Wichtigkeit hervorheben. Wir sehen mit Sicherheit auch in anderen, in vielen Industrien eine wesentlich stärkere

Schmelzung auch zwischen klassischen einkaufs und klassischen supply chain funktionen da gibt es immer noch in vielen unternehmen relativ harsche trennung so nach dem motto ich mache einkauf und du machst logistik oder vielleicht supply chain sogar dass das wird noch stärker zusammen wachsen müssen genauso wie intern die zusammenarbeit mit beispielsweise den produktmanagern oder den den entwicklern weil wir immer öfter auch Notfallszenarien ausarbeiten müssen

Das heißt materialien die substituiert werden können, designs die schnell angepasst werden können eben auch auf diese veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren und ich glaube der einkaufs hat jetzt in der hand selber zu entscheiden wo er hin will sicherlich ist eine bessere adaptionsrate in richtung digitaler Lösung noch notwendig. bin immer noch erschrocken darüber zu sehen, wie viele Unternehmen das Thema Risikomanagement noch als nice to have berücksichtigen. Ich bin immer noch sehr erschrocken, wie viele Unternehmen auch sagen.

Ich mache meine Ausschreibungen doch mit Excel oder mit Word oder mit E-Mail, ohne sich da selber die Transparenz zu geben, gerade was globale Teams angeht, wenn ich da einen zentralen Punkt habe, wo alle darauf zugreifen können, wo auch der Category Manager, der vielleicht in Deutschland sitzt, sehen kann, was sein Kollege in Brasilien machen kann. Da ist sicherlich noch einiges machbar und ...

Fabian Heinrich (27:31)

Ja.

Jan Theissen (27:45)

Ich denke das Thema Kostenmanagement wird sich auch in den nächsten Jahren nochmal etwas professionalisieren, weg von dem klassischen 3 % hier runter oder verhandeln hin in Richtung mehr Kosten- und Wertanalytik und daraus ableiten dann auch mögliche Entwicklungen in Richtung Kostenoptimierung.

Fabian Heinrich (28:06)

Ja, ich glaube, ganze Reihe von Themen, die man hier mitnehmen kann, so für die nächsten Jahre. Aber ich glaube, das Schlüsselthema, was du gesagt hast, der Mensch als wichtigster und kritischer Faktor, der Mensch auch als Risikomanager, also ich glaube...

Das können denke ich mal alle mitnehmen, dass der Einkäufer als Mensch wirklich hier eine wahnsinnige Wichtigkeit hat in den nächsten Jahren und sich natürlich dann auch innerhalb des Unternehmens vielleicht noch einen Ticken besser vermarkten sollte. Ich glaube, das war für alle super spannende Sendung mit dir. glaube, tolle Beispiele und Anekdoten.

Der Industrie und aus der Praxis von deinen Kunden und ich glaube das waren jetzt auch viele Handlungsempfehlungen, wo dann auch Leute in der Praxis als Einkaufsseiter was mit anfangen können. Vielen Dank für die Zeit und das sehr spannende, kurzweilige Gespräch an Henna und war mir wie immer eine Freude. Vielen Dank.

Jan Theissen (29:11)

Vielen Dank für Möglichkeit.

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